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Zentrumsentwicklung Küsnacht

Der Auslober eines Architekturwettbewerbes definiert eine Fragestellung, auf welche die Wettbewerbsteilnehmer mit ihren Projekten Antworten liefern.
Dass in der Zentrumsplanung von Küsnacht ein Projekt zum Sieger erkoren wurde, bedeutet nicht, dass für die Zentrumsentwicklung die beste Lösung gefunden wurde- sondern lediglich, dass das Siegerprojekt die Fragestellung des Auslobers am besten beantwortet hat.

Meine Kritik zielt nicht auf das Siegerprojekt, sondern auf die Fragestellung, mit welcher die Gemeinde Küsnacht einen zweiten Anlauf nimmt um ihr Zentrum zu definieren- ohne dabei etwas aus dem 1. Verfahren gelernt zu haben, in welchem ein sehr ähnlicher Lösungsansatz den Wettbewerb gewonnen hat und dann zu Recht von der Stimmbevölkerung abgelehnt wurde.

Meiner Meinung nach gehört es zu einem der Versäumnisse der Gemeinde, resp. des von ihr beauftragten Planungsbüros: Suter/vonKänel/Wild, gewichtige Nachbarn wie die SBB und die Grossverteiler nicht in den Wettbewerb involviert zu haben. Zudem sind auch in der zweiten Wettbewerbsausschreibung Forderungen aufgestellt worden, welche für eine positive Zentrumsentwicklung fragwürdig sind.

Am Montag, dem 4. Februar 2013, zwei Stunden nach der Vorstellung des Richtplanes für das Zentrum von Küsnacht, welcher nur 2/3 der möglichen Baumasse festschreiben möchte, strahlte 10vor10 einen Beitrag über potentielle Verdichtungsmöglichkeiten in Zentrumsgebieten aus.
Alle reden im Vorfeld des neuen Raumplanungsgesetzes über Verdichtung, die Verantwortlichen in Küsnacht hingegen wollen das Zentrum ausdünnen und unternutzen.

Anstelle des Vorgestellten- bräuchte es einen Richtplan, um hochwertige Wohn- und Gewerbeflächen dort zu projektieren, wo sie gebraucht werden,
nämlich im Inneren des bestehenden Dorfkernes und nicht in der immer stärker ausufernden Peripherie.
Ein funktionierendes Zentrum lebt von der Anbindung an den öffentlichen Verkehr, von einer hohen baulichen Dichte und von einer Vielzahl von Einkaufsmöglichkeiten.
Ganz banale Funktionen wie z.B. mit dem Auto jemanden (mit Gepäck, ältere Menschen, usw.) auf den Zug bringen- oder von dort abholen zu können gehören ebenso hierzu wie die Frage wie man auf vernünftigem Weg die Einkaufstasche ins Auto bringen kann.
Auch wenn Detailhandelsangebot und Bahnhof nicht die einzigen Nutzungsträger eines Dorfzentrums sind, bilden sie doch die Basis für einen guten Urbanitätsgrad. Ein Zentrum lebt von den Läden und die Läden leben von einem funktionierenden Passantenstrom.
Wer das ausser Acht lässt, fördert die in der Agglomeration erstellten Shopping Center und dadurch Zersiedelung und Schwächung der dörflich gewachsenen Strukturen sowohl in ökonomischer als auch städtebaulicher Sicht.
Eine Grossbaustelle im Herzen von Küsnacht mit einem Parkhaus, welches unter die Zürichstrasse gebaut werden soll (Statik, Verkehr, Kanalisation?), wird die Gemeinde für Jahre lähmen und wird von der Stimmbevölkerung nur dann hingenommen werden, wenn ein entsprechender Mehrwert generiert wird.


Visualisierung Siegerprojekt

Für über 70 Millionen eine Schanze zu bauen, auf welcher man den vorbeifahrenden S-Bahn Zügen zuwinken kann, rechtfertigt weder die finanziellen Mittel noch die Qualitätseinbussen während der Bauzeit. Dass auf den Visualisierungen des Siegerprojektes unverbaute Seesicht suggeriert wird, grenzt an Zynismus, denn man wird stattdessen an die hässliche Rückfassade des Bahnofgebäudes und der benachbarten Bürobauten blicken.


Foto Istzustand aufgenommen am 10.2.2013

Ein Zentrum ohne Sinnfälligkeit bleibt ein virtuelles Versprechen, ähnlich den zwei geplanten Sichtbeton-Glasbauten, welche von der Gemeinde als Minergie-P Standard verkauft werden- und dabei jegliche Kohärenz von Erscheinung und Konstruktion vermissen lassen.
Dass Architekten mit Visualisierungen ihre Projekte in ein möglichst attraktives Licht rücken, ist verständlich. Dass jedoch die Jury diese virtuellen Versprechen nicht lesen kann, ist unverständlich.

Die Zürichsee Zeitung schrieb am 6. Februar zu Recht, dass die Zufahrt zur Tiefgarage zur Knacknuss werden wird. Dass die Ortplaner dieses Problem nicht schon vor der Wettbewerbsausschreibung realisiert haben, befremdet, zumal alle Wettbewerbsbeiträge, welche sich nicht an die Vorgaben des Parkhauses gehalten haben, nicht zur zweiten Stufe zugelassen wurden.


Einfahrtssituation gem. Richtplan

Die Anbindung eines Unterniveau-Parkhauses mit einer Lichtsignalanlage (Rotlicht) lässt die Kantonsstrasse an dieser Stelle noch stärker zu einem Nadelöhr werden.
Diese Erschliessungssituation als unreflektierte Grundlage für einen städtebaulichen Architekturwettbewerb zu etablieren ist mehr als bedenklich.

Kreisellösungen sind der Preis der Verkehrsverflüssigung in der Agglomeration. Kreisel gehören nicht in ein Zentrum, weil sie die Priorität den Autos schenken und nicht den Fussgängern.

EIN ZENTRUM SOLLTE NICHT GEPLANT- ODER GAR GEBAUT WERDEN,
BEVOR EIN VERNUENFTIGES VERKEHRSKONZEPT FESTSTEHT!


Verkehrsführung gem. Richtplan

12. Februar 2013, Urs Esposito Dipl. Arch. ETH/SIA